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Die unterschiedlichen methodischen und theoretischen Ansätze  der Gender und Queer Studies begreifen den Körper als kulturelles Konstrukt, dessen Determination Ergebnis gesellschaftlicher Zuschreibungen und Wertungen ist, die durch die in der Gesellschaft wirkenden diskursiven Mächte und Praxen ständig (re)produziert werden. Im besonderen Maße betrifft dies den Geschlechtskörper, dessen binäre Opposition Mann/Frau mit Hinblick auf den medizinisch-biologischen Diskurs als naturgegeben und unveränderlich erscheint.

Gender bezeichnet „die kulturell vorgegebenen Geschlechterrollen, die eine Gesellschaft bereitstellt und durch Verbote, Strafen und Belohnungen für verbindlich erklärt“.[1] Geprägt wurde der Begriff 1975 von Gayle Rubin, die ihm außerdem den Begriff „sex“, der das anatomische Geschlecht bezeichnet, entgegenstellt.[2] 1990 spinnt Judith Butler den Faden weiter und konstatiert in ihrem Ansatz das anatomische Geschlecht als „vordiskursive Gegebenheit“ und somit ebenfalls als gesellschaftlich konstruiert, worüber Machtverhältnisse und Geschlechterordnungen legitimiert würden.[3]

Bei Elfriede Jelinek erscheint der Körper ebenfalls als ein diskursiv hervorgebrachtes Konstrukt. In ihren Texten reflektiert sie ihn als Politikum und entlarvt die damit verbundenen Diskriminierungs- bzw. Privilegierungsmechanismen, wie sie es beispielsweise auch in ihren Aussagen und ihrem Umgang mit Kleidung und Mode deutlich macht. Naturalisierung und Sexualisierung des weiblichen Körpers durch die „Definitionsmacht des Patriarchats“[4] wird dabei oftmals aufgegriffen und im Spannungsfeld von Kapital, Macht und Geschlecht[5] mit der ökonomischen Dimension verschränkt. Im Hinblick auf feministische, gender- und queertheoretische Ansätze soll eine Revision der Texte Jelineks vorgenommen werden, die Sexualität als ökonomische Ressource und die Monetarisierung des menschlichen Körpers beleuchtet. Der Frage nach der Auseinandersetzung Jelineks mit Themen wie Prostitution und Sexarbeit soll dabei ebenfalls nachgegangen werden, wie auch der Thematisierung von Pornografie.


Anmerkungen

[1] Schößler, Franziska: Einführung in die Gender Studies. Berlin: Akademie Verlag 2008, S. 10.

[2] Rubin, Gayle S.: The traffic in women: notes on the „political economy“ of sex. In: Rayna R. Reiter (Hg.): Toward an economy anthropology of women, New York: Monthly Review Press 1975, S. 157-210.
  
[3] Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Ü: Kathrina Menke. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 24.

[4] Svandrlik, Rita: Patriarchale Strukturen. In: Janke,Pia (Hg.): Jelinek Handbuch. Stuttgart: J. B. Metzler 2013, S. 267-271, S. 267.

[5] Zur Untersuchung von Elfriede Jelineks Texten im Spannungsfeld von Kapital, Macht und Geschlecht vgl.: Felber, Silke (Hg.): KAPITAL MACHT GESCHLECHT. Künstlerische Auseinandersetzungen mit Ökonomie und Gender. Wien: Praesens 2016 (= DISKURSE.KONTEXTE.IMPULSE. Publikationen des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums 12).