Vor allem in neueren Texten setzt sich Jelinek intensiv mit genderspezifischen Fragen in Bezug auf religiöse Diskurse auseinander. Was bedeutet etwa die von Teresa de Lauretis formulierte Einsicht, Gender sei Repräsentation und nicht Körper [1] in Bezug auf das Repräsentationssystem par excellence, die Religion? Von der Darstellung weiblicher Körperbilder, Beschreibungen des Weiblichen und Männlichen bis hin zum Bilderverbot sind Repräsentationen ein bedeutender Aspekt religiöser Diskurse. Die Position der Geschlechter ist dabei zwar genau geregelt, die Bandbreite der Auslegungen ist allerdings hoch, was zum Missbrauch vor allem durch patriarchalische und extremistische Strukturen verführt. Das Wort, das zu Fleisch werden soll, verkleidet sich bei Jelinek in diesem Sinne bloß und macht die Diskrepanz zwischen Absichten und Taten deutlich. 

 

Von diesem Jelinek-Text Das Wort als Fleisch verkleidet ausgehend, führen Carla Amina Baghajati und Monika Leisch-Kiesl ihr Email-Gespräch weniger als interreligiösen Dialog zwischen katholischer und islamischer Theogie, sondern formulieren daraus vielmehr eine gemeinsame Perspektive, in der die Religion als verbindendes Element einen Teil einer möglichen Lösung darstellen könnte. In den Antworten von Britta Kallin wird zudem deutlich, dass sich Jelineks Kritik in diesen Zusammenhängen gegen die Institutionalisierung von Religion richtet, in deren Rahmen sich die Frauen als Mittäterinnen und Unterstützerinnen patriarchaler Strukturen genau so schuldig machen, wie die Männer. Bettina Mathes und Christian Schenkermayr erforschen in diesem Zusammenhang das Spannungsfeld von Geschlecht, Glaube und Geld anhand Jelineks Textes Abraumhalde. Um die Wut und den daraus entstehenden Terror geht es bei Irene Husser, die Gott als Leerstelle bezeichnet und damit einen abwesenden Vater als Auslöser sieht. Zu Jelineks Äußerungen bezüglich des Schleiers als muslimisches Bekleidungsstück bezieht Dudu Kücükgöl Stellung.

DIE BEITRÄGE DIESES BEREICHS:

Carla Amina Baghajati, Monika Leisch-Kiesl:
Religion und Geschlecht

Britta Kallin, Keiko Nakagome:
Fragen zur Religion

Bettina Mathes, Christian Schenkermayr:
„Andre Jungfrauen für andre, diese für mich allein“

Irene Husser:
Alternativen zum Terror

Dudu Kücükgöl:
The Cast-off Gaze oder der gute alte „Colonial Gaze“


Anmerkungen

[1] Lauretis, Teresa de: Technologies of gender. Bloomington: Indiana University Press 1987, S. 1-30.